Nehmt ihr die Bibel wortwörtlich?

Nicht jedes Wort der Heiligen Schrift ist wortwörtlich aufzufassen. Im Alltag tun wir das ja auch nicht. Ein Schild mit der Aufschrift „STOP“ muss buchstäblich interpretiert werden. Doch wenn auf der Heckscheibe eines Autos das Wort „Jägermeister“ steht, wird niemand deswegen annehmen, dass der Fahrer einen Waffenschein besitzt.

Beim Bibellesen geht es darum, Fragen an den Text zu stellen: In welchem Zusammenhang steht die Aussage? Was bedeutete sie für die ursprünglichen Leser? Gibt es Parallelstellen, die weitere Erklärungen liefern? Dadurch gelingt es, den Text für uns heute zu verstehen und die wörtlichen von den symbolischen Stellen zu unterscheiden. Ein Beispieltext mag dies verdeutlichen:

„Zur selben Stunde traten etliche Pharisäer hinzu und sagten zu ihm [Jesus]: Geh fort und reise ab von hier; denn Herodes will dich töten! Und er sprach zu ihnen: Geht hin und sagt diesem Fuchs: Siehe, ich treibe Dämonen aus und vollbringe Heilungen heute und morgen, und am dritten Tage bin ich am Ziel.“

Lukas 13,31-32

Wir begreifen, dass Jesus nicht von einem buchstäblichen Fuchs sprach, sondern von einem moralisch verkommenen und korrupten Politiker (siehe Lukas 3,19-20). Nach seiner Verhaftung begegnete Jesus Herodes kurz:

„Herodes aber freute sich sehr, als er Jesus sah; denn er hätte ihn schon längst gern gesehen, weil er viel von ihm gehört hatte, und er hoffte, ein Zeichen von ihm zu sehen. Er legte ihm denn auch viele Fragen vor; aber Jesus gab ihm keine Antwort.“

Lukas 23,8-9

Herodes hätte gern eines der Wunder von Jesus live miterlebt, doch es blieb ihm verwehrt. Dabei hatte er doch viele der Geschichten über den Mann aus Nazareth gehört. Hätten jene Bibelkritiker Recht, welche die biblischen Wunder als bloße Erzählmotive in biblischen Geschichten deuten, bleibt der Wunsch des Herodes unerklärlich. Die Zeichen und Wunder von Jesus sind also mehr als bloße Geschichten. Sie wollen als reale Ereignisse verstanden werden.

Auf das größte Wunder hat Jesus in den obigen Worten aus Lukas 13 ebenfalls hingewiesen: seine Auferstehung aus dem Tod nach drei Tagen. Wie armselig wäre ein christlicher Glaube, der dieses Geschehen nicht auch wortwörtlich bejahen kann. Der Apostel Paulus schrieb dies:

„Gibt es wirklich keine Auferstehung der Toten, so ist auch Christus nicht auferstanden! Ist aber Christus nicht auferstanden, so ist also unsre Predigt vergeblich, vergeblich auch euer Glaube! Wir werden aber auch als falsche Zeugen Gottes erfunden, weil wir wider Gott gezeugt haben, er habe Christus auferweckt, während er ihn doch nicht auferweckt hat, wenn also Tote nicht auferstehen! Denn wenn Tote nicht auferstehen, so ist auch Christus nicht auferstanden. Ist aber Christus nicht auferstanden, so ist euer Glaube nichtig, so seid ihr noch in euren Sünden.“

1. Korintherbrief 15, 13-17

Kurzum: Es gibt durchaus viele Bibeltexte mit Symbolgehalt – aber im Großen und Ganzen geht es darum, dass Gott buchstäblich in die Menschheitsgeschichte eingegriffen hat. Diese Botschaft wollen und müssen wir ernst nehmen. Alles andere wäre vergeblicher Glaube.